akute zeiten


eine spurensuche als petitio principii

dauerregen von früh bis spät.
eine heute unbenutzte draussen-welt.

 
ein politischer aktivismus hat das goldene firmenlogo von Bahlsen entwendet. er verspricht es erst zurückgeben, wenn 52.000 keks-packungen an soziale einrichtungen gespendet werden.

 
wenn man langeweile hat oder krank ist, liest man zeitungen von der ersten bis zur letzten seite. vielleicht wird hier nur für kranke oder sich langweilende wichtiges vermeldet.

 
die menschen werden nicht klüger, sondern grösser (in europa ist der durchschnitt in den letzten 100 jahren um elf zentimeter gewachsen).

 
bei bekannten namen meine andauernden verwechslungen, die freie assoziationen sind. was man alles relativieren muss und was man alles relativieren kann.

 
allzu prominente wollen in der medienwelt nicht öffentlich gefunden werden. sie stellen lösch-anträge bei der grössten internationalen suchmaschine.

 
manche menschen sind so vornehm, dass man ihnen vieles und sogar ihren reichtum verzeiht.

 
0,1 prozent der haushalte verfügen hierzulande über ein kapital von 9,3 billionen euro. ist das grössenwahn?

 
jeden tag, an dem mithaie und börsenspekulanten kein geld verdienen, verlieren sie welches.

 
machthungrige menschen sollten exorbitant in die höhe und breite wachsen, so hätte man von ihnen bestimmt weniger zu befürchten.

 
Gogols letzte worte: eine leiter, rasch eine leiter!

 
jene wut mitunter gegen nichts und niemanden. doch wenn ich freundlich bleibe, kann mir bestimmt nichts passieren.

 
in der stadtbibliothek leiht man mehr fantasy-romane aus und immer weniger gedichte. aussortierte klassiker werden für kleine spenden im foyer verramscht.

 
tiefliegende haufenwolken stauen sich über der abendlichen stadt, so drückend drohend und die u-bahnen sind voll wie sonst nie an einem verregneten novembersonntag. es ist totensonntag.

 
zeitgenössische künstler werden immens teurer. auktionen im nächsten jahr könnten die 200 millionen-dollarmarke für ein bild knacken. selbst die so populär gehandelten sind über diese inflation erstaunt.

 
die feinen unterschiede: ein Picasso als poster ist peinlich, das original besitzen dagegen reichlich nobel.

 
aprilkälte im november.
wenn schlechtes zu vermelden ist, sind nachrichtensprecher im fernsehen blass geschminkt.

 
der untergang der dinosaurier ist keine warnung mehr. das aussterben der reptilen giganten wird mit einer kosmischen katastrophe erklärt.

 
das verhängnisvollste, was der mensch bisher erfunden hat, sind seine heilserwartungen. durch sie werden fortwährend selbstmord-attentäter motiviert und fanatische bürgerkriege alimentiert.

 
alles hängt mit allem zusammen, auch wenn es lediglich eine bedeutungslosigkeit ist, die sozial verbindet.
vielleicht gibt es irgendwann mal eine gesellschaft, die keine gesellschaft mehr braucht.

 
dass die sonne in fünf milliarden jahren als roter riese die erde schlucken wird, ist gewiss. wie lange es die menschliche hybris geben wird, indes noch völlig unklar.

 
man sollte mal das aufschreiben, was man in der zukunft denken wird. es könnte sein, dass einem dann nichts mehr einfällt.

 
da es keine letzte, letztendlich überzeugende kunst gibt, stets das gefühl von einer herben enttäuschung, wenn ich aus einer ausstellung komme.

 
der künstler in der mediengesellschaft ist ein verhindertes raumschiff, das nicht richtig abheben kann, entweder wegen zu viel oder wegen zu wenig bewunderung.

 
wenn die menschen nicht reden, sondern beim bahnfahren nur dösen, sind sie am schönsten. mitunter reicht es, teilnahmslos zu sein.

 
der absatz der deutschen brauereien schrumpft. immer mehr menschen trinken immer weniger bier.

 
man ist an nüchternen stammtischen nicht mehr originell, man ist banal nonkonform.
wohin kann man sich noch zurückziehen? in ein pervertiertes nichts? oder besser in ein gar nichts?

 
bei einem fussball-transfer zwischen mega-vereinen werden inzwischen 100 millionen euro gezahlt.
so viel ist heute geld wert.

 
das rascheln der fallenden blätter in der nacht. und danach intonationen von letzten kastanien.

 
mein jüngster sohn möchte jetzt künstler werden. er will wie sein vater auch unter der woche ausschlafen können.

 
nasse blätter fallen nun schneller von den gelahrten bäumen.
also herbstlich. weil die winter zu mild ausfallen, vermehren sich die zecken in den wäldern, aber die maikäfer auf den wiesen nicht. sie sind eher im naturkundemuseum zu finden. bald hat man dort alle seltenen tiere ausgestopft und multimedial archiviert.