akute zeiten


eine spurensuche als petitio principii

in Berlin-Reinickendorf haben heute 300 polizisten die zwangs-räumung einer 57jährigen rentnerin durchgesetzt. die frau starb wenige tage später in einer sozialstation.

 
viele tage sind einzig mit multitasking zu bewältigen. es gilt, alltägliche leeren umschichtig zu relativieren.

 
kinder bekommen oft keine namen mehr. sie heissen standes- amtlich beglaubigt dann Joke, Northeast, Seven, Nazi, Audio, Iron, Perfekto...

 
in einem Heiner-Müller-buch noch immer diese drei telefon-nummern von ihm. ich habe da nie angerufen. drei nummern waren einfach zwei zu viel.

 
berufswunsch: verkannter prominenter.
wie viele menschen gern berühmt wären, es aber nie werden. sie sind deshalb fans von irgendwem und leiden.

 
was man nicht zu verbergen hat, muss man entbergen. zum beispiel dass man einen kleinen bierbauch trägt. vom mässig vielen wein- oder teetrinken.

 
lange nicht mehr Cioran gelesen. ein gefühl von verlust oder verdruss?

 
in den USA wird die todesstrafe wieder auf einem elektrischen stuhl vollstreckt, nachdem aus humanitären gründen kein gift mehr aus Deutschland geliefert wird.

 
die tägliche zeitung ist dem menschen zumutbar. der leser wird hier mit globalen informationen eingedeckt, für die er kaum noch zuständig ist.

 
was man derzeit aufschreibt, hätte man bereits vor zwanzig jahren aufschreiben müssen. als warnung.

 
in einem park verharren, obwohl man gerade keinen park braucht. es wachsen hier zu viele vierblättrige kleeblätter.

 
die grüne natur in der stadt als weichbild.
alles was man darüber schreibt, muss irgendwann verbessert werden.

 
die vielen pausen, die hinhaltetaktik des untergangs. dass es fortwährend neue niederlagen gibt, es irritiert und beruhigt zugleich.

 
man kann innovationen kaum noch gutes abgewinnen, und ist wütend darüber.

 
mit seiner hybris ist der homo faber ein latenter neandertaler geblieben, aber ein ziemlich unzufriedener.

 
es studieren immer mehr schulabgänger. und immer mehr ohne abitur. sie wollen keinen richtigen beruf erlernen.

 
das möbelhaus Zurbrügge verkauft ganz unbedarft tassen mit einem Hitler-konterfei. aus China kommt das geschirr, wo das bild als historisch motivierend eingestuft wurde.

 
regungslos dasitzen und die wirklichkeit exzessiv im kopf bedenken, so lange bis mir warm wird in einer zugigen bushaltestelle.

 
vermehrt publizieren Jeremias-propheten bücher und in der spiegel-bestsellerliste häufiger eine literatur im endstadium.

 
man ist zu wissbegierig, deswegen weiss man zu wenig. alles was in den medien fehlt, ist wichtig und verdächtig.

 
der moderne mensch ist zu gleichgültig zum traurigsein und somit ein garant für den gesellschaftlichen optimismus.

 
die weltwirtschft stagniert seit einigen jahren, weil nur wenige länder prosperieren und der rest dahindümpelt.

 
die sich ständig perfektionierenden teleskope der astronomen. und noch immer ist in keinem sonnensystem ein ersatzplanet gefunden worden.

 
da mir nichts weiterreichendes einfällt, ist es jetzt bloss das allzu bekannte palindrom AHA. zum glück leide ich nicht an einer eibohphobie.