110 romane


anfänge und abbrüche

das ersten wörter in einer weitausholenden replik auf einen ungelebten tag können einiges versprechen, ohne es beweisen zu müssen. auch wenn die sprache nur vage verharrt, ohne sich zu überholen und zu überbieten

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im winter tragen dunkle tage anhaltende träume schwer und was von ihnen übrigbleibt, verblasst. geträumtes lässt sich nicht nachhaltig aufschreiben. auch als präzis notiertes weiss es sich immer anders und irgendwann als das erkennen eines nicht mehr gewussten

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dieses nettowissen und jene bruttozweifel beim gedruckten und nicht mehr korrigierbaren wort. je älter wer wird, desto mehr misstraut er wahrheiten in offenen kanälen. zu viele begriffe sind vernutzt, sie beziehen sich auf zu viele andere begriffe. sie sind zu relativ

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die funkstille zwischen verpflichtenden brotarbeiten als eine inspirierende stillfülle geniessen. dass sich mit ihr wenig in worte fassen lässt, beunruhigt indes

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starrt ein schreibtisch löcher in die luft, findet er sätze, die nicht von einem sinn besetzt sind. er erfindet sich das, was nicht der fall ist, ganz unverblümt als seine poesie.
die sprache ist streufähig und wohlfeil wie das salz

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warten und warten. durch den tag, durch die nacht, während jalousien das strassenlicht dissimilieren und am firmament flugzeuge anstelle von sternen funkeln. der sensible schreiber kommt erst zu aufschreibenswerten gedanken, wenn ein muster (z.b. eine tapete) zu flimmern beginnt

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silben als sekundenzeiger und die wörter im minutentakt. so braucht es für einen satz über eine stunde, und je mehr ideen für einen geplanten roman sich einstellen, umso mehr gehen verloren

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mal unterstrichen oder mal dick durchgestrichen. beständig muss für die persönliche buchhaltung die spreu vom weizen getrennt werden. ein sich suchender text wird ohne honorar und ohne verbindliche deadline oft ein infiniter text

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dass ich stets die möglichkeitsform wähle, wo ich persönlich werde, also stets mehr möglichkeit als wirklichkeit will. doch die meisten konjunktionen sind wie in schlechten filmen falsche erwartungen. sie werden erwartungen bleiben

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bücher, die nach mitternacht konzipiert und am nächsten tag verworfen werden. derartige bücher können eine unentwegte herausforderung sein