kälteverlust


ein anhaltendes selbstgespräch
meine neigung zu übervollen stimmen am abend. entweder Maria Callas oder Joan Baez.

 
nachts, wenn alle schlafen, ist die gespielte musik im radio erträglicher.

 
schon wieder drei statt zwei bier ausgetrunken, ohne einen bemerkenswerten ein- oder ausfall notiert zu haben.
wohin soll das führen?

 
vielleicht ist man ein versager, insofern man sich nicht dazu bekennen kann, ein versager zu sein.

 
diese unzähligen münder, wenn in kommunikativen röhren immer dasselbe gesagt wird.
und je unmittelbarer, desto unverständlicher.

 
mir zum 46. gratuliert. meine mutter könnte heute so wie sie war, als sie mich gebar, meine tochter sein. und auf vielfachen wunsch höre ich noch immer auf den namen, den sie mir einst gab.

 
ein zweites leben führen, das sich von dem bisher gelebten und noch zu lebenden in zahlreichen details unterscheidet, als eine konsequente selbstverleugnung.

 
der graue himmel mitten im völlig verregneten september als bestimmtheitsgabe und es vermehrt sich überproportional die spanische wegschnecke. sie migrierte erfolgreich nach mittel- auropa, weil sie den einheimischen nattern und kröten zu gross ist, zu braun und zu bitter.

 
früher oder später wird sich einmal herausstellen, dass sogar das wetter von den international agierenden geheimdiensten gesteuert wird. alle naturkatastrophen bekommen dann eine verschwörungstheorie.

 
die zeitung von der sonne noch ungebräunt. so als ob nichts tatsächliches, nichts gefährliches geschehen könne.

 
an diesem sonnigen wochenende belagern meine wiese am Nordufer so viele touristen wie sonst nie. sie stehen da wie landvermesser.

 
in urbanen strassencafés werden die spatzen zu aufdringlichen schnorrern. sie haben keine scheu vor den menschen. statt auf futtersuche zu gehen, erbetteln sie sich essbares, so als würden sie schulden eintreiben.

 
wild bedrohliche biotope wie den regenwald im Amazonas gibt es irgendwann nur noch im dokumentarfilm oder als computer- simulation.

 
die zukunft der menschlichen zivilisation wird weniger von technischen fortschritten als von wetterberichten abhängen.

 
letzte laubbeseitung: es ist nicht mehr der rauschende besen, der für ordnung sorgt, sondern das PS-starke motorgebläse einer kehrmaschine. morgens ab halb neun.

 
meine krankenkasse will up to date keine kranken-, sondern eine gesundheitskasse sein. sie lädt obligatorisch zu einer vorsorgeuntersuchung ein.

 
Euripides: wer weiss wohl, ob das leben nicht der tod ist, der tod aber das leben?
jeder mensch weiss, dass er nicht alles weiss und wissen will.

 
im hinterhof allein ein grünfink auf einer blattlosen birke, er erscheint da ziemlich gross.

 
den tiefsinnigen blick an einem faulen tag so lange halten, bis keine andere vorstellung mehr möglich ist.

 
vermehrt leberflecken und warzen auf dem rücken.
vielleicht weil er nicht mehr zu mir gehört.