scheitern(hoch)x


gedanken aus der hocke

an einem drögen abend vor dem abgeschalteten fernseher ohne ablenkung. das ausbleiben von furiosen katastrophen wird eine zumutbare zumutung.
 

noch immer unfähig, den zustand der ataraxie zu geniessen, und dennoch suspendiert ein solches unvermögen nicht das verlangen nach gelassenheit.
 

mit Senecas schicksalsgehorsam bei der sinnsuche bis zum äussersten gehen, um mentale grenzen zu überwinden. oder sinnfreie gedanken sammeln und beim smalltalken einstreuen, anstatt schwere steine sammeln und postum als aphorismen zu hinterlassen.
 

kann man als ein endliches wesen irgendwann sein wissen endlos wissen? das dämonische geheimnis des zufalls-generators: sein potentielles know-how kann niemand verstehen.
 

als Joseph Weizenbaum, der resolute kritiker der künstlichen intelligenz, mit seinem ELIZA-Programm den ersten viablen gesprächsautomaten der fachwelt vorstellte, war er verblüfft, wie rasch seine mitmenschen zu informationsverarbeitenden maschinen mutierten.
 

ohne mängel würde man vielleicht wie ein automat leben. aber anstatt seine unvollkommenheit als vorteil anzusehen, schämt man sich lieber für seine defizite.
 

alleweil diese überhanginformation bei dem bekenntnis, ein anti-agnostiker zu sein. wer zu viel weiss, kann sich seiner unwissenheit kaum sicher sein. nur wider besseren wissens.
 

was mir gestern nacht trotz bier-abstinenz nicht eingefallen ist, wird wohl morgen auch kein einfall werden. in abhängigkeit von seinem nicht-wissen hat sich der sinnende kopf zu bescheiden, ohne zur ahnungslosigkeit berufen zu sein.
 

das schwanken zwischen hybris und perfektionierung beim grübeln am schreibtisch, zwischen mimikry und allmachts-phantasien bei öffentlichen verkündungen. man muss mit geboten wie deren übertretung vertraut sein und dabei eine gerissenheit unter beweis stellen, die scharfsinnig jede lücke beim argumentieren füllt.
 

je weniger ich mich anstrenge, um erfolgreich zu sein, desto erfolgreicher bin ich damit. und je weniger prinzipien ich für mich akzeptiere, desto mehr überzeuge ich andere.
 

für alles liegt inzwischen eine statistik mit prognosen vor. dem wahlvolk wird erklärt, wen es strategisch zu wählen hat, den unternehmen und börsianern, ob es auf- bzw. abwärts geht, und den verbrauchern, was sie zu kaufen haben.

 
lieber imperfekt als perfekt sein, wenn man mit mitte 30 keine karrieresprünge geschafft hat. ein würfel, der nicht geworfen wurde, bewahrt seinen fall.
 

jene postmoderne sehnsucht nach disharmonien, die in immer höheren ordnungen wieder in harmonien aufgehen.
ein solcher grössenwahn ist in der kunst reine bescheidenheit.
 

in augenblicken des grössenwahns, wenn man sich auf den trümmern der eigenen missverständnisse wie ein kreisel dreht, glaubt man, alle evidenzen auf seiner seite zu haben. man sollte sich vielleicht nur auf die wahrheit berufen, wenn man völlig verzweifelt ist.
 

nie vergessen, dass mit dem rauschwort ALLES Thales von Milet die abendländische philosophie begründet hat.
 

man kann jedem unterstellen, dass er sich etwas vormacht, dass er sich belügt. doch welche rechtfertigungen, welche ausflüchte wird man sich dafür anhören müssen? und welche erklärungen hätte man selbst vorzubringen? man weiss es nicht und man will es überhaupt nicht wissen.
 

wie oft ich mich dabei ertappe, dass ich mir einen gescheiten satz ausdenke, bloss um ihn wieder zu vergessen? so wie man einen grashüpfer fängt, allein dem vergnügen zuliebe, ihn wieder springen zu lassen.
 

das verfallsdatum vieler vorsätze am ende des jahres. man sollte menschen mehr an ihren taten als an ihren worten messen, allerdings bedenken: noch schlimmer als die besserwisser sind in der kunst die bessermacher.
 

der marienkäfer auf dem grashalm in meiner hand krabbelt entgegen der schwerkraft stets auf die höher liegende seite. drehe ich den halm, so ändert er sofort seine richtung. fünf minuten lang bewundere ich sein beharrungsvermögen, dann gibt er auf und rührt sich nicht mehr. ein lebewesen ohne ein komplexes nervensystem lässt sich nicht domestizieren.
 

es gibt tage, da gehen mir nur dinge durch den kopf, die ich nicht verstehe. so schwer es ist, im vollen ernst den eigenen unverstand verstehen zu wollen, so schwierig wird es, diesen ernst aufzugeben. versuche ich, in die ironie oder gar in den nonsens zu wechseln, dann liegt jener entscheidung wieder eine vernünftige überlegung zugrunde.
 

"nichts ist sicher, und nicht einmal das ist sicher."
eine allgemeine erkenntnis fasziniert, so lange sie in verlegenheit bringt. wenn man sie akzeptiert hat, wird sie anmassend.
 

entweder bissig oder beleidigt sein, oder beides zugleich.
DAMIT MAN SICH VOR UNANGENEHMEN NIEDERLAGEN DRÜCKEN KANN.