scheitern(hoch)x
gedanken aus der hocke
an einem waldsee abhängen, um die ruhe einer abgesagten arbeit zu geniessen. aber dies bald mit langeweile.
was ein müssiggänger alles über sich in erfahrung bringen kann und was er schwarz auf weiss im horoskop einer zeitung bestätigt bekommt. wohlfeile vorstellungen von glück werden zu wuchernden metastasen, die selten wieder verschwinden.
kann man sich die blösse geben, eine schwäche zu gestehen?
man kann mit seinen geständnissen anderen menschen einen schrecken einjagen, um sich von ihnen dann wieder beruhigen zu lassen.
das genau und intensiv angehen, was erfolgreiche menschen nebenbei erledigen. ein konsequenter lebensstil überzeugt irgendwann. doch wie lange müssen dabei überzeugungen vorgetäuscht werden, bis sie beeindrucken?
der sympathische prominente kam, sah und siegte in der talk-show nach 22 uhr. bei populären persönlichkeiten kann man sich im spätprogramm keine niederlagen vorstellen.
erst der schatten zeigt das licht: Kafkas hungerkünstler wollte auf keiner bühne bewundert werden. er hungerte sich in eine unscheinbarkeit, weil er unfähig war, die richtige speise zu finden.
es ist so einfach, sich zu durchschauen, und es führt zu nichts.
wem es zur gewohnheit wird, im medienzeitalter den schein zu entlarven, der wird auf vieles zielen und sich dabei fortwährend steigern.
Rahel Varnhagen in einem brief: es muss ein jeder überschätzt werden, sonst wird er gar nicht geschätzt.
immer so weiter, bis zum mittelpunkt aller mittelmässigkeit.
es gibt keine vollständigkeit, keine konsequente aufzählung. nur ein weitermachen in der hoffnung, dass sich ähnliches wie die wiederholung einmal überspringen lässt.
andauernd diese abgebrochenen gespräche. dieselben sätze, stets derselbe abgebrochene rest.
unplugged overconnected!
und wie viel zeit manche formulierung verbraucht, obwohl sie für den papierkorb notiert wurden. unfertige gedanken sind ein echolot, wenn sie wie fledermäuse reviere abtasten.
ist es möglich, als ein zur schrift begabtes bewusstsein ein rätsel zu bleiben?
man relativiert sich mit vagen zweideutigkeiten und man sehnt sich vergeblich danach, keine spuren zu hinterlassen.
in einer sprache denken, in der kein bekanntes wort vorkommt, keine geläufige phrase, nicht eine silbe, die an etwas gelerntes erinnert. am leichtesten ist es wohl, in einer frei phantasierten sprache zu schweigen.
"lasst uns mit dem wollen beginnen! lasst uns alles durch-wollen! ein Ich-kann-nicht ohne alle erprobten Ich-will ist erbärmliche schwäche und endet natürlich mit: Ich kann."
Marina Zwetajewa
gegen blockaden hilft kein stossgebet, kein kaffee und auch kein kosmonauten-blick. je schwerer das schreiben fällt, desto mehr verbinden sich illusionen mit dem ausdrüchbaren, desto scheinbarer wird alles, was sich ausdrücken lässt.
bloss noch widersprüchliche pamphlete unterschreiben, verquere parteien wählen und in gesprungenen spiegeln ein fremdes ich mimen. in seiner disparaten ablehnung ist der mensch frei und unbeschränkt. ohne eindeutiges motiv kann niemand vereinnahmt werden.
Niklas Luhmann: das unwahrscheinliche zustandekommen der kommunikation ist die garantie der kommunikation.
auch als der situationist Guy Debord seine späten bücher und filme veröffentlichte, blieb seine verweigerungshaltung gegen-über dem common sense konsequent. immer war er seinen kritikern wie im wettlauf der igel dem hasen um eine runde voraus. trotzdem hat es ihm nichts genützt, da biographen heute seine lebensstrategie auf eine psychotische paranoia zurückführen.
eratische manifeste schreiben und inflationär fakes faken. es ist besser, mit eloquenz zu überzeugen. schweigen kann in einer überinformierten gesellschaft als zustimmung verstanden werden.
wenn in streitgesprächen jeder satz mit einem weiteren erklärt werden muss. wenn rede und widerrede sich mehr und mehr in die höhe schrauben, dann hilft nur noch ein unsichtbarwerden.
ÜBERWUNDENER ADORNO: lieber im falschen leben als im falschen kino landen.