scheitern(hoch)x


gedanken aus der hocke

ich muss wieder was auf die beine stellen, um den handstand aufzugeben. ich bin zur verwandlung fähig und könnte ein ganz anderes leben führen, doch habe ich zu viel einfluss auf meine zukunft.
 

schneller, weiter, höher denken. und darüber hinaus immer wieder dummes denken, bis sich etwas neues ergibt.
 

was man mit zwanzig noch nicht wusste, weiss man derweil überhaupt nicht mehr. man hat sich wohl eingeholt, ohne sich überholt zu haben.
 

in dubio cogito ergo sum - also im zweifeln ein hochstapler sein müssen.
 

jene überkomplexe und daher unbestimmbare verbändelung von neuronen in einem menschlichen gehirn, in dem oft ein ordnungsfanatiker steckt.
 

warum uns Descartes cogito trotz seines radikalen anzweifelns weismachen wollte, dass zwei und zwei sich keinesfalls zu fünf oder acht addieren lassen? hier hatte einfach jemand angst vor dem völligen kontrollverlust.
 

die vernunft muss auch unvernünftig sein, auf dass sie bei Kant als gerichtsinstanz über sich urteile fällen kann. sie muss sich unter- und überbieten, um sich selbst kritisieren zu können.
 

I think what I don't mean and I mean what I don't think.
jene potenzierte skepsis, jene unerträglichen blockaden, wo nur ein nichts noch von der lächerlichkeit trennt.
 

ohne rhetorik kommt keiner wieder so leicht aus dem grübeln hinaus.
es ist egal, ob man sein sinnieren verlangsamt oder bis zur unmöglichkeit beschleunigt, es am schreibtisch zur ordnung zwingt oder in einen zustand der chaotischen erregung treibt. sätze werden erst zu überzeugenden statements, wenn sie zu einer syntaktischen originaliät, einer originären pointe fähig sind.
 

verdämmert ein bewusstsein in schlaflosen nächten dahin, stellen sich geniale einsichten ein. aber jene eingebungen werden schnell verworfen, sobald sie nach dem aufwachen sich mitzuteilen beginnen.
 

"die freude, die uns das verstehen schwieriger gedanken bereitet, macht uns geneigt, ihren folgerungen glauben zu schenken."
Paul Valéry
 

spruch aus dem off: auch wenn das haar in der suppe nicht zu finden ist, immer gewisse zweifel haben und nie die gewissheit des zweifels.
 

man muss viel wissen, damit man irgendwann weiss, dass man nur wenig wissen kann. so wie Sokrates, der an seinem nicht-wissen nicht mehr zweifelte.
 

seitdem berge nicht mehr zu den propheten kommen, sind ingeniöse erdbeben seltener geworden.
 

Pablo Picasso: ich kann nicht, wo ich ein ziel vor den augen habe, grenzen überschreiten. und ich kann mich nicht über grenzen hinwegsetzen, ohne mir ein ziel vorzugeben.
 

die fata morgana stringenter vernünfteleien: was bleibt übrig vom denken, sollte man einmal den mut haben, alle raffinessen und rhetorischen winkelzüge des argumentierens über bord zu werfen?
 

denn der glaube an die vernunft kann weitaus verhängnisvoller sein als man denkt. wer unermüdlich versucht, in seinem denken permanent eine bedeutung zu erkennen, der treibt sich über kurz oder lang in eine ausgangsnot.
 

von den unzähligen ideen, die sich entwickeln lassen, sind nur wenige von belang. leider sind sie kein äquivalent für bereits verworfenen einfälle. sie bezeugen eher die dürftigkeit eines denkens, das seine ansprüche kennt.
 

Cioran: wer nicht die phantasie oder die schamlosigkeit hat, überzeugungen wie ein wahnsinniger zu formulieren, sollte sie lieber vergessen.
 

die grosszügigkeit eines personengedächtnisses: man glaubt, mehr über die verlierer als über die gewinner zu wissen, weil man das stärker wahrnimmt und länger in erinnerung behält, was einem fremd ist.
 

denken beginnt mit einem leichten kratzen am hinterkopf. wer zu viel nachdenkt, leidet irgendwann an schorfwunden und braucht einen hautarzt.
 

jedem menschen seine kleine oder grosse bibliothek, da jedes gelesene buch den eigenen horizont bereichern kann. leider ist jedes buch auch eine zeit ungelebten lebens. wofür es immer schlechte gründe gibt.
 

als sich Montaigne müde und enttäuscht von seinen ämtern
in einen turm zurückzog, schrieb er seine skeptischen essays. er schrieb sie als ein unabschliessbares selbstportrait, da er erkannt hatte, dass einen nach wissen strebenden menschen kein mass und kein ziel begrenzt.
 

je mehr man versteht, desto mehr nutzt sich etwas in einem kopf ab. wenn man denkt, dass man denkt, denkt ein denken immer weniger von dem, was es denkt.
 

Pas de chance: um erfolgreich zu sein, lernt man nicht nur aus fehlern, die man begangen hat, sondern auch aus solchen, die man hätte begehen können.
 

komplizierte probleme löse ich am liebsten mit dem bauch. so wie ein schachspieler, der nicht alle varianten seines nächsten zuges berücksichtigen will bzw. kann und sich dann aus einem gefühl heraus entscheidet. scheitere ich auf diese weise, weiss ich wenigstens warum.
 

ein kluges zitat in der tageszeitung verführt zu dem glauben, man vermag originelleres zu formulieren. während man einen banalen satz verächtlich überliest. dass ein ich immer glaubt, besseres denken zu können...
 

die perfide arroganz eines tiefsinnigen gedankens. wer ihn verstanden hat, sieht unweigerlich auf jene herab, die ihn
nicht begreifen.
 

"wie, wenn die möglichkeit zu lügen der beweis dafür ist, dass nicht alle menschen sterblich sind?"
Franz-Josef Czernin
 

je mehr man schreibt, desto inflationär unverständlicher auch. man muss worte an sich betrachten, sie aus einzelnen sätzen herauspicken, sonst vermischen sie sich zu adipösen farben.
 

Friedrich Hölderlin: in der endlichkeit meiner erfahrung und meines wissens bin ich zuhause. doch mit dem wissen um meine endlichkeit werde ich wieder heimatlos.
 

suche credo, biete creo - et vice versa.
ZU EINEM DENKEN QUALIFIZIERT SEIN, das nur ausgedacht ist.