scheitern(hoch)x


gedanken aus der hocke

an einem freien abend vor dem abgeschalteten fernseher ohne ablenkung. das ausbleiben von furiosen katastrophen wird eine zumutbare zumutung.
 

noch immer unfähig, den zustand der ataraxie zu geniessen, und dennoch suspendiert ein solches unvermögen nicht das verlangen nach gelassenheit.
 

sinnfreie gedanken sammeln und beim smalltalken verstreuen, anstatt schwere steine als aphorismen zu werfen.
 

kann man als ein endliches wesen wissen endlos wissen?
das dämonische geheimnis eines omnipotenten zufalls-generators: seine gedankenwelt kann niemand toppen.
 

als Joseph Weizenbaum, der resolute kritiker der künstlichen intelligenz, mit seinem ELIZA-Programm den ersten viablen gesprächsautomaten der fachwelt vorstellte, war er verblüfft, wie rasch seine mitmenschen zu informationsverarbeitenden maschinen mutierten.
 

ohne mängel würde das selbstbewusstsein wie ein automat agieren. aber anstatt eine unvollkommenheit als ein vorteil anzusehen, schämt man sich lieber für defizite.
 

alleweil diese überhanginformation bei dem bekenntnis, ein anti-agnostiker zu sein. wer zu viel weiss, kann sich seiner unwissenheit kaum sicher sein. oder nur wider besseren wissens als ein künstler.
 

was dir gestern nacht trotz bier-abstinenz nicht eingefallen ist, wird wohl morgen auch kein einfall werden. in abhängigkeit von seinem nicht-wissen hat man sich zu bescheiden, ohne zur ahnungslosigkeit berufen zu sein.
 

das schwanken zwischen hybris und perfektionierung beim grübeln am schreibtisch, zwischen mimikry und allmachts-phantasien bei öffentlichen reden. der vernünftelnde mensch muss mit geboten wie deren übertretung vertraut sein und dabei eine gerissenheit unter beweis stellen, die scharfsinnig jede lücke beim argumentieren füllt.
 

wenn man mit mitte 30 keine karrieresprünge geschafft hat, ja was dann? soll man sich darauf versteifen, lieber imperfekt als perfekt sein, um wie ein würfel, der nicht geworfen wurde, seinen fall zu bewahren.
 

jene postmoderne sehnsucht nach disharmonien, die in immer höheren ordnungen wieder in harmonien aufgehen. in der kunst ist ein solcher anspruch wahn oder bescheidenheit.
 

in augenblicken des grössenwahns, wenn ein ich sich auf den trümmern der eigenen missverständnisse wie ein kreisel dreht, glaubt es, alle evidenzen auf seiner seite zu haben. man sollte sich vielleicht nur auf die wahrheit berufen, wenn man völlig verzweifelt ist.
 

nie vergessen, dass mit dem rauschwort ALLES Thales von Milet die abendländische philosophie begründet hat.
 

jedem kann unterstellt werden, dass er sich etwas vormacht, dass er sich belügt. jedoch welche rechtfertigungen, welche ausflüchte wird man sich dafür anhören müssen? und welche erklärungen hätte man selbst vorzubringen? man weiss es nicht und will es überhaupt nicht wissen.
 

das verfallsdatum vieler vorsätze. wer menschen mehr an ihren taten als an ihren worten misst, sollte auch bedenken: noch schlimmer als die besserwisser sind in der kunst die bessermacher.
 

"nichts ist sicher, und nicht einmal das ist sicher."
eine allgemeine erkenntnis fasziniert, so lange sie in verlegenheit bringt. wenn man sie akzeptiert hat, wird sie anmassend.
 

das erste gedicht und der erste peinliche koitus, ich bin sicher, es gibt sie nicht noch einmal. ein beschämendes unvermögen kann nicht dauerhaft ertragen werden.
 

der marienkäfer auf dem grashalm in meiner hand krabbelt entgegen der schwerkraft stets auf die höher liegende seite. drehe ich den halm, so ändert er sofort seine richtung. fünf minuten lang bewundere ich sein beharrungsvermögen, dann gibt er auf und rührt sich nicht mehr. ein lebewesen ohne ein komplexes nervensystem lässt sich nicht domestizieren.
 

tagelang ruhen und ausharren, bis daraus eine beschäftigung wird, die sich eine besonne nennen darf. im fortgeschrittenen alter werden ansprüche deutlicher und ungenauer. deutlich in ihrer ungenauigkeit.
 

wie oft ich mich dabei ertappe, dass ich mir einen gescheiten satz ausdenke, bloss um ihn wieder zu vergessen? so wie man einen grashüpfer fängt, allein dem vergnügen zuliebe, ihn wieder springen zu lassen.
 

entweder bissig oder beleidigt sein, oder beides zugleich.
DAMIT MAN SICH VOR UNANGENEHMEN NIEDERLAGEN DRÜCKEN KANN.