überflieger in spe
selber Auto ist er nie gern gefahren, er musste es jedoch mit einigen gebrauchten. bei ihnen war ständig was zu reparieren und der TÜV eine gefürchtete Prüfung. mit einem alten Wartburg, bei dem im kalten Winter der Vergaser nach fünf Minuten einfror und in leichter Hanglage den Motor abwürgte, hat er alle zwei Jahre mit etwas Glück die Plakette bekommen. sie schützte ihn nicht vor misslichen Ausfällen. nach einer bestandenen Kontrolle blockierte einmal die Bremsanlage auf einer Autobahn, so dass er sie und alle Reifen erneuern musste. es hätte schlimmer ausgehen können und war nicht Warnung genug. er investierte weiter in Reparaturen, um mit diesem Wagen sogar nach Wien, Kopenhagen und Florenz zu reisen.
viele Jahre hat es ungeachtet mancher Macken immer so geklappt, und auch später mit einem gebrauchten Skoda. erst als nach einem Auffahrunfall wegen einer schlechten Versicherung der eigene Totalschaden seine Ersparnisse auffrass, stellte er sich auf Alternativen ein. in Berlin, wo ständig ein Parkplatz zu suchen ist und im Stau das Fahren zur Qual wird, verzichtet er auf die autorisierte Mobilität irgendwann. der Skoda wurde für einen symbolischen Preis verschenkt und er verkehrt seitdem wieder mit dem Fahrrad oder lässt sich kutschieren, wenn urbane Reichweiten unabhängig von der Bahn obligatorisch sind.
lange hat er sich vor einer Fahrschule gedrückt, sogar als der Führerschein im Journalistenberuf für ihn unabdingbar wurde. in der Redaktion hatte man einen selbst zu steuernden Trabant als Dienstwagen, aber er ist lieber mit dem Bus oder dem Zug gereist. erst nach der Wiedervereinigung konnte er seine Fahr-Abstinenz kaum aufrechterhalten. viele Linien wurden eingestellt und er musste nun selber fahren, um freiberuflich täglichen Berichte zu recherchieren. bald gab er den Journalismus auf und versuchte im Kulturbetrieb wiederum Auswärtsterminen auszuweichen. es wurde selten Eigenes ausgestellt, und öffentlich gelesen wegen dem unangenehmen Übernachten in Pensionen sowieso nicht. für die jährliche Steuererklärung war ein Autoverzicht auch ein Nachteil. er konnte die täglich zurückgelegten Kilometer nicht beim Finanzamt abrechnen. Wege, die zufuss oder mit dem Fahrrad absolviert werden, sind schwerlich nachzuweisen und damit als Ausgabe adäquat absetzbar.
als Kind träumte er nicht wie andere davon, in einem Geschwindigkeitsrausch mit einem Rennwagen auf einer Formel 1-Piste zu düsen. ihn haben keine PS- und Motordrehzahlen fasziniert und keine Poster mit den schnellsten Sportwagen, er wollte einen Traktor fahren, wo beim Hoch- und Runterschalten Zwischengas zu geben ist. erhoben wie auf einem Ross sollte ihn ein Allradantrieb durch weite Landschaften rollen, ihm keine Strasse eine Richtung vorschreiben und niemand auf ihn herabblicken. jene Freiheit ist ihm bisher nicht vergönnt gewesen und wird eine infantile Phantasie bleiben.