mikado als symptom


(eine vage klarstellung)

alle Jahre wieder kommt der Ablesedienst, um den häuslichen Energie-Verbrauch zu ermitteln. dafür wurden Messgeräte installiert, die recht mechanisch etwas registrieren, während alles andere, was eine Wohnung mit der weiten Welt verbindet, sich digital mitteilt. man hat auf jemanden zu warten, der augenscheinlich die Zählerstände erfasst. sogar die neuen mit Funk werden diesmal besichtigt, da die Energiedienstleister mit dem neuen Hausbesitzer wechseln und den Verbrauch mit ihrer Technik nicht abfragen können. der Mieter wird dazu aufgefordert, an festgesetzten Terminen in der Wohnung zu verweilen. ist er verhindert, kann günstigenfalls die Menge an geflossenem Strom, Wasser und Gas selber abgelesen und mit der Post verschickt werden. es müssen freilich für einen Scanner gut lesbare Zahlen sein. bei Säumigen und schlechten Schreibern wird der Verbrauch geschätzt, so dass schlimmstenfalls in einem milden Winter nichts eingespart wurde.
für meine Arbeit wünsche ich mir auch einen Messdienst, der penibel jeden Aufwand taxiert. mir selber sieht man das Malochen nicht an. erst eine Stechuhr und ein Bewegungsmelder könnten bestätigen, dass ich von Montag bis Sonntag intensiv bis weit nach Mitternacht an meinem Oeuvre arbeite. ich pendle zwischen verschiedenen Arbeitsorten, um mehrere Projekte parallel zu bestreiten. würde mein Fleiss ordentlich registriert, könnte ich das Finanzamt beeindrucken. da meine Manuskripte selten ein Zeilenhonorar und meine Bilder keine kostendeckenden Erlöse erwirtschaften, glaubt man nicht weiterhin an meine freiberufliche Geltung. wird etwas gedruckt, wie neulich beim Cornelsen-Duden-Verlag, ist der Verdienst nur die Ehre, auserwählt worden zu sein.
wer einiges riskiert und keine Neben- und Holzwege scheut, benötigt viel Zeit, um mit Ergebnissen im Kulturbetrieb zu glänzen. meine Arbeiten offenbaren leider nicht die Mühe und Beharrlichkeit, die ich in sie investiere. Herausragendes gelingt mir erst mit einem wilden Herumprobieren. was ich vorzuweisen habe, ist das Ergebnis langwieriger Suchen oder bleibt ein anhaltendes Zwischenergebnis. solches darf man im reifen Alter nicht zugeben, und besonders in einer Zeit, in der ein Zwang zum professionellen Mitklang von vornherein ein dilettierendes Austesten verbietet. selbst Graffiti-Sprayer optimieren und perfektionieren sich, ihre Bilder werden, wo kontinuierlich der Sauberkeitswahn alles Mauerwerk weisst, auf einen reinen Malgrund gesprüht. so sind sie fotogen und werden, insofern sie wie bei dem berühmten Unbekannten Banksy eine anhaltende Wertsteigerung versprechen, als abgestemmtes Mauerwerk auf Auktionen angeboten.