mikado als symptom


(eine vage klarstellung)

sein erstes Gehalt bekam er als Tellerwäscher. es wurde als Ferienjobber in einer Freiluft-Gaststätte verdient, wo sich das Geschirr auf unzähligen Tabletts anhäufte. er hatte alles in einen Spülautomaten zu stellen und, was unzureichend gesäubert blieb, mit der Hand zu schrubben. war er damit fertig, wurden die Töpfe und Pfannen der Köche gescheuert. umgeben vom heissen Dämpfen träumte er nicht davon, ein Millionär zu werden, sondern von einer selbst zu finanzierende Urlaubsreise an die Müritz. weil aber das Träumen nicht immer von der harten Arbeit ablenkte, probierte er das Jonglieren mit Tellern auf einen Holzquirl aus. was zu Bruch ging, verringerte sein Arbeitspensum.
für die Planwirtschaft waren Ferienarbeiter wichtig, um während der Urlaubszeit in Betrieben und Gaststätten personelle Engpässe zu verhindern. es gab in der DDR keine Erwerbslosen, keine frei disponiblen Aufstocker. allerorten herrschte Arbeitskräftemangel. jeder war als Arbeitsbiene in einer Wabe fest installiert. als Aushilfen lernten junge Menschen, wie der dröge Arbeitsalltag zu überlisten war. man arbeitete damals immer nur ein bisschen und mit viel Herumgelaufe sowie -gequatsche, um sich nicht bis zur Erschöpfung zu verausgaben. recht fleissig wurde hingegen in der Landwirtschaft malocht. er hat es früh bei seinen Grosseltern auf einem kleinen Bauernhof erfahren und später bei Ernteeinsätzen auf weiten Feldern. immer musste er sich ein Taschengeld selbst verdienen. bereits als Neunjähriger hat er im Sommer Brombeeren gepflückt, um sie auf dem Markt zu verkaufen. da sie begehrt wurden, konnte er sich mit ihnen ein Set von Indianerfiguren aus Gummi kaufen. sie waren die sich aufopfernden Guten in Kino-Filmen und wurden vom Häuptling Gojko Mitic heldenhaft angeführt. dafür lohnte es sich, das Taschengeld aufzustocken.
als gestrandeter Künstler gelingt es kaum, Einkünfte aufzustocken. bezahlte Stellen im Kulturbetrieb sind gut besetzt und es wird erst eine frei, wenn jemand das Zeitliche segnet. in andere Berufsfelder vorzustossen, ist ziemlich aussichtslos. es gelingt nicht einmal bei den anspruchslosen. entweder ist man den Arbeitgebern zu überqualifiziert oder zu wenig spezialisiert. und häufig ist das reife Alter ein Absagegrund, da Chefs um ihre Autorität bangen. sie dulden niemanden unter sich, der selbst eine Geltung verkörpert. dabei sind Künstler die besten Improvisateure und ausdauernder als der normale Angestellte. sie schuften sogar am Wochenende mit leidenschaftlicher Hingabe.