petting des ich
am Silvesterabend hat er in den Jahren vor dem Millennium seine Wünsche in den Himmel geschossen. sie wurden auf einem Blatt Papier in Druckbuchstaben notiert, an eine Rakete geklebt und mit den Söhnen abgefeuert. geholfen hat es nie. das Wünschen war wohl zu unbescheiden formuliert und somit keine selbstverständliche Angelegenheit, ähnlich wie bei den Prosits und Vorsätzen, welche zum Jahreswechsel vorgetragen werden. dafür versammeln sich illustre Gesellschaften, in denen Leute mehr oder weniger stark alkoholisiert sich danach in die Arme fallen. am Tag danach erinnert sich jeder, stark verkatert, höchst schwach an ewig gestrige Vorhaben. bei ihm war es wieder der beabsichtigte Neujahrslauf auf einer lockeren 4-km-Strecke und der schon lang aufgeschobene Konzertbesuch bei den Berliner Philharmonikern.
den Brauch mit dem Raketenballern hat seine Familie endlich aufgegeben. das Zauberwerk wurden immer wegen der Söhne gekauft, die solches als Vorfreude aufregend fanden. es nervt jedoch, wenn es in den letzten Stunden des Jahres um einen herum heftigst bengalisch knallt. und besonders dort, wo Betrunkene wild auf der Strasse oder in U-Bahnschächten sich freuen, wenn sie jemand erschrecken. wer keinen Hörsturz riskieren will, zieht sich zurück und beobachtet durchs Fensterglas das offiziell choreographierte Feuerwerk hinter dem Brandenburger Tor. mit Distanz kann besinnlich über Kommendes nachgedacht werden. zielführende Wünsche kommen ihm seltener über die Lippen. obwohl er nicht wunschlos ist und völlig frustriert auch nicht, möchte er sich nicht auf Pläne festlegen. Plan A wird sowieso von Plan B und der dann von Plan C, D, oder E abgelöst. das obligatorische Bleigiessen motivierte eine Zeitlang zu illustren Absichtserklärungen und war unterhaltend, solange Erheiterndes dazu einfiel. im Mittelalter interpretierte man das gegossene Blei als ein Orakel, um sich über den Verlauf von Krankheiten zu unterrichten. nun haben wir ein immer teurer werdendes Gesundheitswesen mit Magnetresonanz-Röhren und anderen technischen Aufwendungen, die allein Experten deuten können.
nur muss man unbedingt wissen, dass sich im Laufe des Lebens die Bandscheiben abnutzen und wie es in der Leber bei einem täglichen Bierkonsum aussieht? es ist besser, dass Vernutzungen im Vagen bleiben. ein sorgloses Leben behält seine Selbstheilungskräfte und den selbstbewussten Optimismus für ein Weitermachen. bleibt dieser aus, sucht er am Anfang eines Jahres nicht nach sinngebenden Ideen für andere Projekte. es wird einfach verbessert, was bereits vorliegt. somit ist er fortwährend beschäftigt. wie ein Bauer zieht er routiniert seine Furchen und stösst manchmal auf grosse Kartoffeln, die ein Zufallsfund sind und selbstbezügliche eine Unzustellbarkeit bleiben, solange das Renommee im Kulturbetrieb fehlt.