scheitern(hoch)x


gedanken aus der hocke

die grelle bemalung von fortschritt in der täglichen werbung. wünsche blasen sich hier errektionslos zu einer belanglosen losigkeit auf.
 

mit science fiction dem diesseits entfliehen und in dystopien überwintern, um als alien zurückzukehren. üble zeiten lassen sich ertragen, indem man sich noch üblere vorstellt.
 

mit der digitalen beschleunigung sinkt in den sozialen daten-netzen die halbwertzeit von visionen. alles ist schon auf eine unüberbietbare weise gesagt, zitiert und kritisiert worden.
looking only for post-idols.
 

was bleibt, was wird in zeiten rauschender bildschirme sich überdauern? entweder werden es allmachtsphantasien oder imperfekte befindlichkeiten sein.
 

die fehler, die ich nicht begangen habe. ich kann sie nicht bereuen. nur ihnen nachtrauern, wenn irgendwann die zeit kommt, da die ungenutzten gelegenheiten mehr bedauert werden als peinliche patzer.
 

Andrej Tarkowski: als ein zur hoffnung verdammter Stalker immer wieder die verbotenen zonen aufsuchen und, so lange man nicht weiss, warum man erfolgreich sein soll, das augen-blicklich numinose gegen jedes versprechen von sicherheit ausspielen.
 

eine sternschnuppe am nächtlichen himmel sehen, sich etwas heimlich wünschen und es dann allen laut sagen. damit man sichergehen kann, dass etwas mal nicht in erfüllung geht.
 

schweigen als letzte sicherheit, behaglichkeit, rechtfertigung. wer zu erwachsen, also zu abgeklärt für die revolte ist, wartet auf veränderungen und akzeptiert dafür die ereignislosigkeit.
 

die strafe eines schlechten gedächtnisses: ich muss mich wiederholen, manche menschen erneut kennenlernen und
weiterhin erdulden.
 

"aufrichtig? ich schreibe damit das, was wahr war, nicht mehr wahr ist. ein gezeigtes gefängnis ist kein gefängnis mehr."
Henri Michaux
 

fehlgriffe sind hinnehmbar, insofern ich sie ständig anders interpretierend als etwas neues erfahren kann. ich bin gern der endlosschleife vergeblicher bemühungen um mindestens eine umdrehung voraus.
 

von niederlage zu niederlage zum sieg. - das ist chinesisch. nur was ist heutzutage nicht chinesisch.
 

zwangshinweisungen, harmwut, lebensabstriche, wolkenlistig, ausgangsnot, umstandsweisheit. ... den ganzen tag keinen satz notiert, dafür aber sechs neue wörter. sechs wörter, die sich zu keinem lesbaren satz fügen wollen.
 

wie langsam wolken vorüberziehen, als diffuse spiegel- oder unklare wortgefechte.
es braucht tage und sogar wochen, bis die notwendigkeiten von niederlagen in einem kunstprojekt erkannt werden. man sollte nicht allzu früh mit dem jammern beginnen.
 

"an all seine begierden richte man diese frage. was wird mir geschehen, wenn das erfüllt wird, was die begierde erstrebt, und was, wenn es nicht erfüllt wird?"
man kann Epikur, den wohl radikalsten denker der ataraxie, nicht oft genug lesen. muss aber bereit sein, dabei viel fadheit zu ertragen.
 

wenn man den tag seiner letzten illusion kennen würde...
visionen sind die verpassten gelegenheiten, an denen jeder schon in der vergangenheit gescheitert ist.
 

kafkaeske texte lesen sich heute als harmlose tragödien. sie können nicht mehr richtig erschüttern. zu viele ereignisse haben sie in den schatten gestellt: der holocaust, stalins arbeitslager, die atombombe, die globale technokratie...
 

wie oft kann man misserfolge zulassen und überstehen, ohne in seinen anstrengungen entmutigt zu werden?
wenn man die fähigkeit zur selbsttäuschung besitzt, wohl immer wiedermal.
 

wer sich der tragikomischen vergeblichkeit seiner bemühungen bewusst ist, für den gibt es keine enttäuschungen mehr. er ist sich und allen überlegen.
 

das heroische scheitern des Odysseus: seine irrfahrten wurden von einem happy-end am heimatlichen herd entwertet.
 

wer aus prinzip scheitern will, hat die phantastische erfindung der evolution zum gegner. d.h. alle finten, welche das leben auf der erde seit zwei milliarden jahren unaufhörlichem wachstums entwickelt hat.
 

niemand weiss vor dem einschlafen, ob er in seinem tageswerk erfolgreich war oder umsonst sich verausgabt hat. in einer zeit der ökonomischen perfektion schreitet jeder stetig voran.
 

ich wollte es wissen, ich bin das wagnis eingegangen und habe versucht, meine niederlagen zu ergründen. doch nur weil ich vergessen hatte, wie schwierig es ist, zu grunde zu gehen.
 

die meisten niederlagen kommen zu spät. sie wurde zu lange erwartet.
ALL WE NEED IS A NEW FUTURE.